NSU-Zeugenaussage: Fahndung nach Uwe Böhnhardt wurde von LKA-Chef gezielt verhindert

10. Dezember 2013

Explodierter angeblicher Unterschlupf des NSU in Zwickau (Foto: Wikimedia/André Karwath aka Aka, CC BY-SA 2.5)

Erfurt. Die Fahndung nach den Angehörigen des als terroristische Vereinigung eingestuften „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) wurde nach Aussagen eines Beamten des Thüringer Landeskriminalamtes (LKA) gegenüber dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ gezielt verhindert.

Demnach habe der heutige LKA-Präsident Werner Jakstat 2003 die Anweisung gegeben, einem Zeugenhinweis nicht nachzugehen. Dieser war im Jahr 2003 eingegangen und findet sich auch in den Ermittlungsakten wieder. Ein ehemaliger Schulkamerad des NSU-Mitglieds Uwe Böhnhardt hatte diesen damals an einer Ampel in Jena gesehen und eindeutig identifiziert. Bevor jedoch ausführliche Ermittlungen anlaufen konnten, habe der damalige LKA-Vizepräsident Jakstat persönlich angerufen und die Ermittler angewiesen, nichts herauszufinden, woraufhin alle Ermittlungen eingestellt wurden. Der Informant: „Der Auftrag hat gelautet: Fahrt mal raus, damit keiner sagen kann, wir hätten gar nichts gemacht. Also haben wir den Zeugen befragt. Aber wir sollten nichts ermitteln. Es wurde explizit gesagt: Kriegen Sie da nichts raus.“

Jakstat selbst wollte sich gegenüber dem Magazin nicht zu den Vorwürfen äußern, da es sich um ein Verfahren des Generalbundesanwaltes handele. Im Thüringer Untersuchungsausschuss sagte er bei einer Befragung am vergangenen Donnerstag, er habe jederzeit die Ermittlungen „bestmöglich“ unterstützt. Zu den Vorgängen im Juni 2003 verwies er auf ein Schreiben an das Thüringische Innenministerium vom September 2003. Darin nimmt er Stellung zum ausbleibenden Fahndungserfolg: Demnach hätten die Ermittlungen nicht zum Erfolg geführt, weil sich die Angaben des Zeugen auf Ereignisse bezogen hätten, die ein bis drei Jahre zurückgelegen hätten. Darüber hinaus seien sie nicht schlüssig gewesen.

Dies widerspricht allerdings Akten, die „Report Mainz“ vorliegen und aus denen hervorgeht, daß zwischen der Begegnung des Zeugen mit Böhnhardt und seiner Aussage beim LKA nur acht Monate vergangen waren. Zudem bewertete ein Polizist der Polizeidirektion Jena den Zeugen damals als glaubwürdig. Dieser sagte dem Magazin: „Das LKA war schon richtig heiß, die wirkten schon hochmotiviert, dass sie ihn kriegen wollten. Das hat mich schon verwundert, dass das dann wieder so ruhig wurde.“ Er sei damals „stadteinwärts gefahren und habe dann auf der linken Spur diesen Hyundai gesehen, diesen roten und habe darin den Uwe Böhnhardt erkannt. Ich fuhr an der Ampel neben ihm ran, guckte rüber. Er grüßte kurz. Da war ich mir auch sicher, dass es der Böhnhardt ist. Er sah aus wie früher, war ganz ruhig und normal, nicht wie ein Straftäter auf der Flucht.“

Der CDU-Obmann im Bundestagsuntersuchungsausschuss zum NSU, Clemens Binninger, sagt dem Magazin, es habe in der Vergangenheit „eine Reihe von Fehleinschätzungen und Pannen“ gegeben, eine aktive Einflußnahme habe der Untersuchungsausschuß jedoch bislang nicht feststellen können. „Insofern hätte das eine neue Dimension.“

> Archiv: Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)

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