Gewalttätige Demonstrationen in Kiew: Worum es in der Ukraine wirklich geht

3. Februar 2014

Demonstranten werfen in Kiew Molotow-Cocktails auf die Polizei
(Foto: Wikimedia/Mstyslav Chernov, CC BY-SA 3.0)

Kiew. In den Medien sind immer nur die gleichen Bilder zu sehen: Demonstranten, Polizei, viel ukrainisches Blau-Gelb und immer wieder der zur Protest-Ikone aufgebaute Vitali Klitschko.

Für die tonangebenden Meinungstrompeten ist alles klar: „Die“ Ukrainer haben von ihrer Regierung die Schnauze voll und wollen, daß sich das Land der EU annähert. Auch die Bösewichte sind schnell ausgemacht: die Regierung Janukowitsch, weil sie sich dem Drang nach Westen widersetzt, zudem der russische Ölkonzern Gazprom und – natürlich – der russische Präsident Wladimir Putin. Merke: Wer gegen öffentliche „Schwulenpropaganda“ verbietet, kann sowieso nur eine fiese Type sein.

Die Dinge liegen im Fall der Ukraine nicht einmal so sehr viel komplizierter, als es uns die Medien weismachen wollen. Es ist nur genau andersherum. Die „Guten“ sind in Wirklichkeit ziemlich halbseidene Akteure, und die „Bösen“ handeln im wohlverstandenen nationalen Interesse. Letzteres geht in den Augen westlicher Globalisierer natürlich gar nicht – schon gar nicht, wenn es sich um Interessen handelt, die dem Westen, der NATO und den USA zuwiderlaufen.

Aber der Reihe nach. Die Ukraine ist ein Feld im großen geopolitischen Schachspiel zwischen West und Ost. Man könnte auch von einem neuen Kalten Krieg sprechen, der längst im Gange ist und den Washington auch nach dem Ende der Sowjetunion nie aus dem Auge verloren hat. Nicht vorgesehen war, daß sich der fast schon erlegte russische Bär unter Putin wieder hochrappeln und irgendwann wieder auf seinem Großmachtstatus beharren würde.

Es ist ohnehin fünf vor zwölf, weil die NATO mittlerweile, vom Verteidigungs- zum Angriffs- und Interventionsbündnis mutiert, in den letzten zwanzig Jahren Zug um Zug den Ring um Rußland engergezurrt und zahlreiche Positionen der früheren Sowjetunion klammheimlich übernommen hat: das Baltikum, Ostmitteleuropa, das frühere Jugoslawien, die Kaukasusflanke mit dem US-Satrapen Georgien, dazu Bastionen in Zentralasien, wo die NATO heute Horchposten oder Militärstationen unterhält, was in Sowjetzeiten undenkbar gewesen wäre. Faktisch ist Rußland heute von der NATO eingekreist, und es ist ein offenes Geheimnis, daß die Zerschlagung des Putin-Reiches strategisches Fernziel der US-Strategen ist.

Der Ukraine kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Fällt die Ukraine an den Westen, wäre wegen der kurzen Distanzen und Vorwarnzeiten eine wirksame Verteidigung Rußlands gegen Westen nicht mehr möglich.

Das alles weiß man in Washington – und in Moskau natürlich auch. Präsident Putin konnte zuletzt das Kalkül des Westens auf höchst unliebsame Weise durchkreuzen, indem er der Ukraine ziemlich schnörkellos mit viel höheren Öl- und Gaspreisen drohte. Das wirkte, und Kiew ließ im letzten Augenblick von der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU wieder ab. Klarer Punktsieg für Moskau.

Doch der Kampf geht weiter, und die sattsam bekannten Umsturz-Agenturen, die allesamt von US-Geheimdiensten oder westlichen „Wohltätern“ wie dem Multimilliardär George Soros gesponsert werden, betreiben seit Monaten ihre Wühlarbeit. Die Sirenenklänge, mit denen die öffentliche Meinung gekapert werden soll, sind die üblichen Vokabeln wie „Menschenrechte“, „Zivilgesellschaft“ und „Demokratie“. Pro-westliche TV-Ikonen wie der flugs installierte ehemalige Box-Weltmeister Wladimir Klitschko runden das telegene Bild ab.

Die harte Wahrheit ist, daß Rußland auf das strategische Vorfeld der Ukraine nicht verzichten kann – und daß die NATO genau diesen Turm im Schach auszuschalten trachtet. Das Spiel bleibt spannend.

Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.

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