Volksabstimmungen: Nicht die Schweiz, sondern die EU-Länder haben ein Demokratieproblem

26. Februar 2014

Foto: Wikimedia/Roland Zumbühl, CC BY-SA 3.0

Bern. Man fühlt sich ein wenig an die Reaktionen auf das politische Erdbeben erinnert, als 1999 in Österreich die Freiheitlichen plötzlich Juniorpartner in einer blau-schwarzen Bundesregierung wurden.

Das Ausland schäumte, zumindest das politisch korrekte, drohte mit Sanktionen, schickte zuguterletzt drei Beobachter in die Alpenrepublik, die in Österreich nach der Demokratie sehen sollten. Das Gremium mußte nach einiger Zeit mit eingezogenem Schwanz wieder abziehen – natürlich war und ist Österreich bis heute ein demokratisches Land wie alle anderen in Europa auch.

Ein ähnliches Spiel ist jetzt gegenüber der Schweiz zu beobachten. Natürlich ist auch die Schweiz ein demokratisches Land – und vermutlich ein demokratischeres als die meisten anderen EU-Länder, in denen der Souverän schon lange nicht mehr über existentielle Fragen mitentscheiden darf. In der Schweiz ist das noch der Fall – was mitunter zu ungewissen und unvorhersehbaren Ergebnissen führen kann, wie jetzt im Fall der SVP-Initiative gegen die Massenzuwanderung passiert.

Die Reaktionen aus der EU sind giftig. Kein Wunder: Nichts ist den Regierenden in Europa lästiger als Bürger, die nein sagen können. Die Reaktionen aus dem Ausland auf das Ja zur Einwanderungs-Initiative der SVP sind scharf, zumindest rhetorisch. Natürlich geben alle vor, das Resultat zu „respektieren“. Diese Sprachregelung haben die vereinigten EU-Bürokraten mittlerweile zähneknirschend akzeptiert. Sie haben aber nicht verstanden, was direkte Demokratie ist – außer daß das für ihre Länder überhaupt gar nicht geht. Am deutlichsten wurde, bezeichnend genug, der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, der auf eine Journalistenfrage in entlarvender Deutlichkeit sagte: „Das ist kein Thema für diese Bundesregierung“.

Allenthalben in Europa gilt längst, daß die Bürger zu Sachthemen nichts zu sagen haben. Das soll nach dem Willen der Etablierten und Eurokraten auch so bleiben.

Nur EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) spricht sich gegen sofortige Maßnahmen aus, aber nur aus taktischen Gründen. Gegenüber „Spiegel Online“ erklärte er: „Die Regierung in Bern hat die Initiative klar abgelehnt. Sie ist in dieser Frage unser Partner. Da sind wir nicht gut beraten, wenn wir sofort losschlagen.“ Schulz sieht in den Schweizer Bundesräten also die netten Kumpel der europäischen Unterwerfung der Schweiz, die jetzt dummerweise ein störrisches Volk am Hals haben. Die Kumpel muß man stärken, dann wird alles gut. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, er spreche von einem Entwicklungsland auf dem Weg zur Demokratie.

Die EU-Kommission verwies in ihrer ersten Stellungnahme darauf, daß die Bürger Europas keine andere Freiheit höher schätzten als die Personenfreizügigkeit. Ob man das mittels Befragung herausgefunden hat? Man sollte die EU-Bürger richtigerweise eher einmal fragen, ob sie Volksabstimmungen wie in der Schweiz gut fänden – doch das tut man natürlich nicht, weil man ziemlich genau weiß, wie der Souverän auch außerhalb der eidgenössischen Grenzen abstimmen würde. Nichts ist den Regierenden lästiger als Bürger, die nein sagen können. Eigentlich ein Armutszeugnis.

Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.

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